'Das Märchen' und die Interpretation von dem Märchen ,,Der Schatten" von Hans Christian Andersen.
„Unter einem Märchen verstehen wir seit Herder und den Brüdern Grimm eine mit dichterischer Phantasie entworfene Erzählung besonders aus der Zauberwelt, eine nicht an die Bedingungen des wirklichen Lebens geknüpfte wunderbare Geschichte, die hoch und niedrig mit Vergnügen anhören, auch wenn sie diese unglaublich finden.“[1]
Folk/Fairytales are utopias with compensatory function, who owe their trajectory to concrete social and economic relations. —.[2]
Heute wird das Märchen definiert als eine phantasievolle, frei erfundene Prosaerzählung, die keinerlei wirkliche Begebenheiten als Grundlage hat. Es wird das Unglaubwürdige und Unwahrscheinliche im Gegensatz zu maere angesprochen. Das Wort ʺMärchenʺ ist eine Verkleinerungsform des mittelhochdeutschen Begriffs maere und bedeutet so viel wie Gerücht, Erzählung oder Bericht. Unter maere wurden ursprünglich gesprochene, vorgetragene Erzähltexte unterschiedlicher Art verstanden. Im Spätmittelalter wurde das Wort enger gefasst und war die Bezeichnung für eine erfundene, unwahre Erzählung. Der Begriff "Märchen" unterlag einer Bedeutungsveränderung im Laufe der Zeit.[3] Im Allgemeinen sind Magie, Wunder und übernatürliche Phänomene mit "Märchen" verbunden. Die in den Märchen beschriebenen Ereignisse und Charaktere widersprechen den natürlichen Bedingungen und sind daher wunderbar. Die Essenz von Märchen sind Wunder und Magie, die Wunder bewirken. Diese kinderfreundlichen Geschichten beinhalten auch bedeutungsvolles Wissen und Wahrheit über das Leben. Obwohl Märchen eine übernatürliche Welt mit wunderbaren, magischen und mythischen Farben darstellen, enthält ihre tiefere symbolische Bedeutung auch sehr gewöhnliche und normale menschliche Werte. Sie leugnen nicht die Schwierigkeiten im wirklichen Leben, sondern zeigen auch Wege auf, um aus der Gefahr herauszukommen. Der typische Kampf zwischen Gut und Böse wird normalerweise auf Rollenebene geführt und das Gut gewinnt normalerweise. Märchen erzählen Menschen und ihre Beziehung zur Welt. Diese Geschichten sind künstlich und fiktiv, aber das Thema ist sehr tief.
Im Märchen und Megalithreligion schreibt Otto Huth, dass das Marchen eine sakrale Dichtung ist, die aus vorchristlicher Zeit stammt. In diesem Punkt sind sich auch Grimm und Benfey einig, so verschieden sonst ihre Märchentheorien sind. Grimm erklärt das Märchen für eine Form des Mythos. Benfey wollte in ihm buddhistische Missionslegenden erkennen. Inzwischen ging die Marchenforschung im allgemeinen den Weg, es für noch wesentlich altertümlicher zu erweisen, als man im vorigen Jahrhundert zunachst annehmen konnte. Das Märchen ist jedenfalls vorbuddhistisch, es ist aber auch insofern vormythisch, als es nicht eine Nachblüte etwa des Göttermythos darstellt.[4]
Nach Max Lüthi sind die Wesens- und Stilzüge des Märchens die Flächenhaftigkeit, die Isolation und Allverbundenheit, die Eindimensionalität, der abstrakte Stil, die Sublimation und Welthaltigkeit.
In dem Buch ,,Das Märchen von Märchen“ schreibt Theresia Dingelmaier, dass die Gattung Märchen ein internationales Phämomen ist und nach Meinung philologischer und volkskundlicher Forcher zu unterschiedlichen Zeiten, in verschiedenen Ländern, in verscheidenen Sprachen und in verschiedenen Erzählstilen, in schriftlicher oder auch oral-narrativer Tradition entstanden. Wo jedoch genau die Ursprünge der Gattung liegen, ist in der Forschung umstritten.[5]
Der Schatten
In dem Kunstmärchen der Schatten von Hans Christian Andersen, die im Jahr 1847 veroffentlicht wurde, geht es um einen gelehrten Mann und seinen Schatten. Der Mann kommt aus der kalten nördlichen Region und lebt einige Zeit in heißen Ländern, wo die meisten anderen Europäer gut daran tun, die Sonne zu meiden, die tagsüber zu heiß ist. Die Hitze war für ihn unerträglich, und er begann abzunehmen, und selbst sein Schatten begann dünn und blass auszusehen. Wie in den meisten heißen Regionen war das Klima am Abend schön und erträglich. Obwohl er nicht viel ausgeht, verbrachte er gerne Zeit auf seinem Balkon und auf seiner Terrasse. Manchmal, wenn er auf der Terrasse sitzt, ertönt aus dem Haus gegenüber eine schöne Musik. Er versteht sie nicht, aber sie fasziniert ihn sehr. Einmal sah er auch eine leibliche Jungfrau in diesem Haus, aber er konnte nicht mehr über sie wissen, da er für die Musik war. Eines Abends saß er auf der Terrasse und sein Schatten warf sich auf das gegenüberliegende Haus. Er beobachtet, wie sein Schatten dort spielt, und sagt, dass sein Schatten das einzige Lebendige ist, was man da drüben sieht.
Der Mann fand es an diesem Abend unterhaltsam, aber es sollte ihn später erschrecken. Der Schatten, den er in der Nacht spielen sah, löste sich von ihm und begann, ein anderes, eigenes Leben zu führen. Unter der Hitze nahm die Kraft des Mannes mit der Zeit mehr und mehr ab. Im Gegenteil, sein Schatten wurde immer stärker und lebendiger. Zum Glück wächst in den warmen Ländern alles schnell, und so wächst auch für ihn bald ein neuer Schatten, so dass ihm der Verlust des ersteren nicht mehr so bedeutsam erscheint. Nach einiger Zeit verlässt der gelehrte Mann das heiße Land und kehrt in seine Heimat im Norden zurück.
Später schreibt er Bücher über das Wahre und das Gute in der Welt. Nach vielen Jahren besuchte ihn sein ehemaliger Schatten, und es stellte sich heraus, dass sein Schatten viel besser war als er. Er ist wohlhabend geworden, voller Selbstvertrauen, und das Beste, was er gesagt hat, ist, dass er jetzt niemandem mehr zu dienen braucht. Er sagt dem gelehrten Mann, dass er "alles" gesehen hat und "alles" weiß. Der Gelehrter hat klugen Fragen gestellt, dass er genauer wissen wollte, was er in dennem Haus gesehen und gelernt hat, aber der Schatten hat nur gesagt, dass die schöne Jungfrau damals auf der Terasse selbst die Poesie war.
Nach einem Jahr besucht der Schatten den Gelehrten erneut und stellt fest, dass er zwar immer noch über das Wahre, das Gute und das Schöne schreibt, aber immer noch niemand daran interessiert ist. Diesmal war der Schatten wohlhabender und mächtiger als zuvor, und jetzt plant er sogar zu heiraten. Der Gelehrte war krank, und nachdem er sich das angesehen hatte, schlug der ehemalige Schatten dem Mann einen Kuraufenthalt vor, und der Schatten wollte alle Kosten tragen, aber es gab eine Bedingung, die der Schatten stellt, dass der Gelehrte sich als Schatten des ehemaligen Schattens ausgeben muss. Zuerst war es absurd, aber dann akzeptierte der Gelehrte es. Gemeinsam gingen sie auf eine Reise, und der Schatten spielte den Herrn. Im Kurort fand der ehemalige Schatten, der nun der Herr war, eine schöne Prinzessin, deren Krankheit darin besteht, dass sie zu scharfsichtig ist.
Der ehemalige Schatten überzeugt die Prinzessin selbst davon, dass sein Schatten (d.h. der Gelehrte) gerne als Mensch bezeichnet wird. Die Prinzessin ist von seinem klugen Reden beeindruckt und findet ihn so attraktiv, dass sie ihn heiraten will. Als sich das Unkrautjäten nähert, bittet der Schatten den Gelehrten, gegen ein gutes Honorar mit ihm im königlichen Schloss zu sein. Aber der Schatten stellt die Bedingung, dass der Gelehrte für immer ein Schatten genannt werden muss und dass er niemals jemandem sagen wird, dass er jemals ein Mann war. Das geht dem Gelehrten - der immer noch das Wahre, Gute und Schöne liebt - zu weit. Nach diesem Gespräch beschlossen der Schatten und die Prinzessin, dass es am besten ist, wenn der Schatten (d.h. der Gelehrte) im Stillen beseitigt wird und der Gelehrte daher die königliche Hochzeit seines Schattens nicht mehr erlebt.
Interpretation und Analyse
In dem Artikel „Beobachtungen zum Bild Hans Christian Andersens“ schreibt Dorothea Gelbrich,
,,Die Andersenforschung hat, so unterschiedlich, ja kontrovers sie über Persönlichkeit Werk des Dichters urteilen mochte, immer wieder einhellig ein seltsam Phänomen konstatiert: Einerseits sind seine Märchen und Geschichten — so wie seine dramatischen Versuche und Romane — auf diese oder jene Weise von ununterdrückbarer Neigung zur Selbstdarstellung geprägt; andererseits stellt sich gerade bei seinen märchen ein Effekt ein, der sonst dem Volksmärchen eigen ist: Kenntnis über duum des Verfassers ist für Verständnis und Genuß ihrer Lektüre durchaus entbehrlich; sie drängen sich dem Leser keineswegs als Selbstdarstellungen auf.“[6]
In diesem Kunstmärchen merkt man schnell, dass die Charaktereigenschaften und die Moral des Gelehrten und des Schattens völlig gegensätzlich zueinander waren. Auf der einen Seite war der Gelehrte sanft und höflich, auf der anderen Seite war der Schatten prahlerisch und er pflegte Menschen zu erpressen, um an sein Vermögen zu kommen. Er war auch neidisch, denn er will seinen eigenen Schatten bekommen. Der Schatten wird dann fleischig, kleidet sich elegant und gewinnt durch seine Einsicht in die dunklen Quellen menschlichen Verhaltens an Kraft. Dann kehrt er zu dem Gelehrten zurück und versklavt ihn, um ihn schließlich töten zu lassen, damit er sein Leben genießen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass man ihm auf die Schliche kommt.
In diesem Kunstmärchen kann man sehen, dass der gelehrte Mann eine sehr gute Moral hat, der sich immer um das Gute, das Wahre und das Schöne in der Welt kümmert, aber die Menschen um ihn herum scheinen kein Interesse an ihm zu haben. Der Schatten behauptet, "alles" gesehen und gewusst zu haben, aber er merkt nicht, dass er keine eigene Seele hat. Wenn der Gelehrte endlich erkennt, wie tief sein Schatten bereits versunken ist, ist es bereits zu spä
Meiner Meinung nach ist der Schatten und der Gelehrte nur eine Darstellung der schlechten bzw. der guten Moral eines Menschen, wobei am Ende in diesem Märchen die schlechte Moral triumphiert. Es zeigt, dass das Böse tatsächlich große Macht über das Gute ausübt. Dabei war das Ende völlig entgegengesetzt oder man kann sagen, besonders dunkel für ein Märchen, in dem am Ende immer das Gute gewinnt.
[1] Lüthi, Max: Märchen. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart, Weimar, April 2004, S. 3
[2] Lutz Röhrich, Folktales and Reality Zitiert nach Naithani, Sadhana: Folklore Theory in Postwar Germany. University Press of Mississippi, Jackson, Mississippi, 2014, S. 109
[3] Dimova, Michaela: Alles Märchen. Herkunft und Merkmale der Gattung Märchen und die Sammlung der Gebrüder Grimm. Verlag Grin, München 2008, S. 2
[4] Huth, Otto. “Märchen Und Megalithreligion.” Paideuma, vol. 5, no. 1/2, 1950, pp. 12–22. JSTOR, www.jstor.org/stable/40341143. Accessed 26 May 2020
[5] Dingelmaier, Theresia: Das Märchen vom Märchen: Eine kultur- und literaturwissenschaftliche Untersuchung des deutschsprachigen jüdischen Volks- und Kindermärchens. Vandenhoeck und Ruprecht Verlage, 2019, S. 56
[6] Gelbrich, Dorothea. “Beobachtungen Zum Bild Hans Christian Andersens.” Zeitschrift Für Germanistik, vol. 10, no. 6, 1989, pp. 670–679. JSTOR, www.jstor.org/stable/23974844. Accessed 3 June 2020.
Very well explained.
ReplyDelete